Nachhaltiger bauen: CO2 -reduzierter Beton
Warum bauen wir mit Beton?
Ob beim Bau von Gebäuden, Straßen, Tunneln, Brücken, Dämmen oder Hochhäusern – Beton ist aus dem Bau nicht wegzudenken. Aber machen wir uns nichts vor: Beton hat nicht die beste Klimabilanz. Und dennoch wird er auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen, denn es gibt kaum einen Baustoff, der solch gute bauphysikalische Eigenschaften besitzt.
Warum verursacht Beton so hohe CO2-Emissionen?
Standardbeton enthält das Bindemittel Zement. Und allein die Herstellung dieses Bestandteils verursacht ca. 6-7 % der weltweiten Treibhausgasemissionen. Das ist vier Mal so viel wie der gesamte globale Flugverkehr.1 Der Grund: Um Zement herzustellen, braucht es Zementklinker, der aus Kalkstein, Sand und Ton bei hohen Temperaturen unter hohem Energieverbrauch gebrannt wird. Der Großteil der CO2-Emissionen entfällt allerdings auf die dabei ablaufende chemische Reaktion: Durch die Entsäuerung des Kalksteins entstehen unvermeidbare, rohstoffbedingte Treibhausgasemissionen.
Was kann STRABAG zur Reduktion von CO2-Emissionen durch Betone beitragen?
Für uns ist die kontinuierliche Dekarbonisierung der Betonbauweise ein wesentliches Element unserer Nachhaltigkeitsstrategie. Wir arbeiten systematisch an Technologien zur CO2-Reduktion im Beton, setzen Forschungs- und Pilotprojekte zu CO2-reduziertem Beton um und gehen neue Partnerschaften mit Betonhersteller:innen und Auftraggeber:innen ein. Um hier zukünftig noch mehr bewegen zu können, brauchen wir vor allem eines: Auftraggeber:innen, die bei ihren Projekten mit uns gemeinsam am Fortschritt arbeiten wollen.
Was ist CO2-reduzierter Beton? Und wie kann CO2 im Beton reduziert werden?
CO2-reduzierte Betone sind Betone, die im Vergleich zu Standardbetonen ein geringeres Treibhauspotenzial (Global Warming Potential, GWP)3 aufweisen.
Etwa 80 % der Treibhausgasemissionen stammen bei üblichen Standardbetonen aus dem verwendeten Portlandzement-Klinkeranteil.4 Daher liegt der größte Hebel für die Reduktion der Emissionen in der Verringerung des Klinkeranteils. Unser baustofftechnologisches Kompetenzzentrum – die TPA Gesellschaft für Qualitätssicherung und Innovation – arbeitet an drei Alternativen, um den Zementklinkeranteil im Beton zu reduzieren bzw. zu ersetzen:
- Reduzierung des Zementgehalts im Beton
- Verwendung von klinkerreduziertem Zement
- Verwendung alternativer Bindemittel mit geringem Treibhauspotenzial
Einsatz von CO2-reduziertem Beton: ein Beispiel aus der Praxis
Beim Bau des neuen Innovation Centers am ZÜBLIN-Campus in Stuttgart haben wir erstmals ausschließlich CO2-reduzierten Beton für alle Ortbetonbauteile und Bauhilfskonstruktionen eingesetzt. 9.151 m³ klinkerarmen Hochofenzement CEM III B hat das Team von STRABAG und ZÜBLIN verbaut und dadurch umfangreiche Erfahrungswerte und Erkenntnisse mit dem Bau mit CO2-reduziertem Beton gesammelt.
Das Ergebnis: Durch den Einsatz des CO2-reduzierten Transportbetons konnten 1.050 t CO2 – im Vergleich zu den Durchschnittswerten aus der ÖKOBAUDAT – beim Bau des Innovation Centers eingespart werden.5 Das entspricht einer Emissionsreduktion von über 50 % beim Rohbau.
Die Erfahrungen aus dem Projekt Innovation Center zeigen folgende Vorteile:
- Mit dem Einsatz von CO2-reduziertem Beton lassen sich – je nach herangezogener Vergleichsbasis – bereits jetzt zwischen 30–50 % CO2 reduzieren. Weiteres Einsparpotenzial bietet eine Kombination aus dem Einsatz von CO2-reduziertem Beton mit anderen Maßnahmen, beispielsweise in der Planung und bei der Wahl der Konstruktionsart.
- Der CO2-reduzierte Beton lässt sich ohne zusätzliche Prüfung oder Freigabe verwenden – im Gegensatz beispielsweise zu zementfreien Betonen, die derzeit gemäß Baunormen nicht ohne weitere Prüfung eingebaut werden dürfen.
- Es gibt keine Einschränkungen im Hinblick auf die Einbaubarkeit und Verarbeitung des Betons oder auf die Sichtbetonqualitäten im Projekt Innovation Center.
Folgendes gilt es zu beachten:
- Verzögerte Frühfestigkeitsentwicklung des CO2-reduzierten Betons bringt einige Anforderungen an den Baubetrieb im Hochbau mit sich.
- Der Einsatz und die Verfügbarkeit des CO2-reduzierten Betons ist projektbezogen zu prüfen.
Suche nach alternativen Inhaltsstoffen im Fokus der STRABAG-Entwicklungsteams
STRABAG arbeitet an der Erforschung von Betonen mit zementfreien Bindemitteln. Zudem untersuchen wir den Einsatz von Materialien, die Treibhausgase aus der Atmosphäre dauerhaft speichern, dabei gleichzeitig den Zementanteil im Beton reduzieren und so den ökologischen Fußabdruck bereits im Produkt senken. STRABAG screent den Markt nach solchen geeigneten Technologien, bewertet deren Potenzial und unterstützt unsere Teams beim Einsatz in der Praxis.
RCC-Beton: Weniger CO2-Emission, gleiche Leistung
Bei der praxisnahen Anwendung von RCC-Beton (Reduced Carbon Concrete) im Rahmen eines Forschungsprojekts hat sich gezeigt, dass dieser ebenso leistungsfähig ist wie konventioneller Beton. Der Klinkeranteil der verwendeten Betonrezeptur lag nur bei 50 %, während konventionelle Sorten wie CEM I 91 % oder CEM II/A 77 % enthalten. Die untersuchten Szenarien beim Wiener Wohnbauprojekt Taborama von STRABAG Real Estate (SRE) haben durch RCC-Beton ein Potential zur CO2-Reduktion zwischen 13 und 20 % gezeigt.
Als Herausforderung beim RCC-Beton hat sich die verzögerte Frühfestigkeitsentwicklung bei niedrigen Temperaturen, im Vergleich zu herkömmlichem Beton, erwiesen. Mittels innovativer beheizbarer Schalungen konnte dies im darauffolgenden Forschungsprojekt RCC2 ausgeglichen werden. Für eine bessere CO2-Bilanz soll die Heizenergie aus Ökostrom stammen. Gleichzeitig wurden bei RCC2 wieder innovative, CO2-reduzierte Betonrezepturen getestet. Praxisanwendung findet RCC-Beton nun im ebenfalls von STRABAG Real Estate beauftragten Wohnkomplex Soley in Wien.
Ein weiterer Schritt zur Klimaneutralität von STRABAG ist der im Rahmen der Versuchsreihe getestete RCC2+. Dieser Beton enthält als Bindemittel technischen Kohlenstoff, der mittels Pyrolyse gewonnen wird. Bei der Pyrolyse verbrennt Holz unter hohen Temperaturen und weitgehend ohne Sauerstoff. So wird vorhandenes CO2 im entstehenden Kohlenstoff gebunden, womit man sogar eine positive Klimabilanz erreicht. Diese Zukunftstechnologie wartet aber noch auf eine rechtliche Regelung für einen breiten Einsatz.
1 Quelle: VDZ, Hrsg. Dekarbonisierung von Zement und Beton – Minderungspfade und Handlungsstrategien: Eine CO₂-Roadmap für die deutsche Zementindustrie. Düsseldorf, 2021. Verfügbar unter: https://vdz.info/dekarbonisierung
2 Treibhausgasemissionen (THG) der deutschen Industrie 2017. Quelle: Eigene Darstellung auf Basis der Grafik des Kompetenzzentrum Klimaschutz in energieintensiven Industrien (Emissionsdaten des UBA, des Wuppertal Instituts sowie der Verbände VDZ und WV Stahl 2017). Verfügbar unter https://www.klimaschutz-industrie.de/themen/zementindustrie/
3 GWP = Global Warming Potential = Treibhauspotenzial
Das Treibhauspotenzial ist der potenzielle Beitrag eines Stoffes zur Erwärmung der bodennahen Luftschichten, d.h. zum so genannten Treibhauseffekt. Der Beitrag des Stoffes wird als GWP-Wert relativ zu dem Treibhauspotenzial des Stoffes Kohlendioxid (CO2) angegeben.
4 Quelle: InformationsZentrum Beton GmbH: Umwelt Produktdeklaration InformationsZentrum Beton GmbH – Beton der Druckfestigkeitsklasse C 25/30. Erkrath, 2018.; InformationsZentrum Beton GmbH:Umwelt Produktdeklaration InformationsZentrum Beton GmbH – Beton der Druckfestigkeitsklasse C 45/55 . Erkrath, 2018. Beides verfügbar unter: https://ibu-epd.com/veroeffentlichte-epds/
5 Die eingesparte Menge von 1.050 t CO2 ergibt sich unter Beachtung folgender Parameter: Die GWP-Werte der Magerbeton-Sorten (entsprechen C8/10 bzw. C12/15) wurden vom Betonlieferanten angegeben; die GWP-Werte aller weiteren Sorten entsprechen den EPD´s (Environmental Product Declaration) der ÖKOBAUDAT Referenzjahr 2018 für Beton der Druckfestigkeitsklassen C30/37 bzw. C50/60 als unbewehrter Konstruktionsbeton nach DIN EN 206-1; die eingebauten Betonsorten beinhalten geringfügige Mengen an Beschleunigerzugaben, die aufgrund ihrer Auswirkungen nicht separat ausgewiesen wurden; der eingebaute Betonstahl ist nicht Gegenstand dieser Betrachtung; Sämtliche bauablaufbedingten Einflüsse, wie z. B. höherer Schalungsaufwand (zusätzliche Transporte etc.) sind nicht Gegenstand dieser CO2-Betrachtung.